Wunderwerk Wirbelsäule
Das Kreuz mit dem Kreuz
Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz, denn irgendwann bekommt fast jeder einmal Rückenschmerzen. Dabei lassen sich die meisten Probleme einfach vermeiden. Welche sind die neuralgischen Stellen der Wirbelsäule – und wie kann man diese Punkte schützen?
Mit seinen 24 freien Wirbeln und 23 Bandscheiben plus Kreuz- und Steißbein leistet unser Rückgrat Erstaunliches. Es trägt das Körpergewicht, schützt die inneren Organe und ist dabei trotzdem äußerst flexibel und beweglich. Allerdings ist unsere zentrale Stütze auch anfällig für Beschwerden. Laut Umfragen haben mehr als die Hälfte aller Erwachsenen im Verlauf eines Jahres Probleme mit dem Rücken. Zwar verschwinden die meisten Beschwerden rasch wieder, aber fast bei jedem sechsten Deutschen werden die Rückenschmerzen zum Dauerbegleiter.
Hinter Erkältungskrankheiten sind sie der häufigste Grund, zum Arzt zu gehen. Außerdem sind sie eine der häufigsten Ursachen für einen Krankenhausaufenthalt. Aber nicht nur Patienten leiden, auch Kranken- und Rentenversicherungen sind zunehmend beunruhigt: Jede fünfte Frührente und zwischen 20 und 30 Prozent der Krankschreibungen gehen auf das Konto von Rückenleiden.
Schwache Rückenmuskulatur als Auslöser
Entgegen landläufiger Meinung sind allerdings nur selten die Bandscheiben der Auslöser. In mehr als 90 Prozent der Fälle werden Beschwerden durch die Rückenmuskulatur verursacht. Zu wenig Bewegung und Sport, dafür zu viele Kilos und zu viel Stress – das fördert Fehlhaltungen und Verspannungen geradezu. Je nach Auslöser machen sich die Kreuzbeschwerden dann an völlig unterschiedlichen Stellen bemerkbar.
Wer die neuralgischen Punkte kennt, kann vorbeugen und, wenn die Schmerzen schon auftreten, gezielt gegensteuern und so für Linderung sorgen. Mit wenigen Tipps und Übungen klingen die typischen Beschwerden schnell ab.
Der Nacken:
Schmerzt es rund um die Halswirbelsäule, steckt häufig Stress dahinter. Er versetzt die Nackenmuskeln rund um den siebten Halswirbel in Dauerspannung. Der SOS-Tipp: eine Massage. Und so geht’s: Kopf entspannt nach vorne neigen, beide Hände in den Nacken legen und mit dem Daumen leicht kreisend den Nackenansatz massieren.
Die Schulter:
Rückenprobleme können auch von der Schulter ausgehen: etwa wenn dieses Kugelgelenk beim Tennis oder durch stundenlange Computerarbeit überlastet wird. Der Vorbeugungs-Tipp: die Schultern regelmäßig entspannen! Erst einfach fallen lassen. Dann nach hinten setzen. Das dehnt den oberen Rücken und tut der Schulter gut.
Die Brustwirbelsäule:
Sie ist der Teil unserer Wirbelsäule, der selten Kummer macht. Aber Vorsicht, wer ständig sitzt, riskiert eine zu starke Krümmung – ein Rundrücken droht. Das beste Gegenmittel: Bewegung, auch im Job. Telefonate lassen sich gut im Stehen führen statt im Sitzen. Hilfreich ist es auch die Treppe statt den Fahrstuhl zu benutzen und die zwei Etagen hoch zum Kollegen zu laufen, statt eine E-Mail zu schicken.
Die Lendenwirbelsäule:
Sie ist der Knackpunkt im Kreuz. Fast zwei Drittel aller Bandscheibenprobleme spielen sich im unteren Rücken ab. Sehr häufig sind ständige Fehlbelastungen die Ursache der Schmerzen. Tipp: zu schnelles und ruckartiges Heben oder Drehen vermeiden und Lasten immer auch aus den Beinen heben.
Die Muskulatur erhalten
Im Laufe des Lebens bildet sich die Muskelmasse zurück. Bis zum 70. Lebensjahr kann ein unsportlicher bzw. inaktiver Mensch bis zu 40 Prozent seiner Muskulatur und Kraft eingebüßt haben, die er noch als Jugendlicher hatte. Gleichzeitig nimmt der Körperfettanteil zu. Das muskuläre Defizit ist dann oft der Auslöser für degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparats.
Die Wissenschaft ist sich einig, Muskelabbau und Altersschwäche sind kein unausweichliches Schicksal, sondern oft eine Folge von Bewegungs- und Belastungsmangel. Ein ausgewogenes Muskeltraining ist deshalb so wichtig – auch und gerade, je älter der Einzelne wird. Der gezielte Aufbau der Muskulatur kann Wohlgefühl und Vitalität steigern.
Muskeltraining stimuliert die Produktion des Wachstumshormons Somatropin. Zweimal täglich ein bis zwei Stunden nach Beginn der Tiefschlafphase und kurz vor dem Aufstehen, wird es von der Hypophyse im Gehirn ausgeschüttet. Das Hormon regt das Gewebewachstum an, erhöht die Grundspannung der Muskulatur sowie die Festigkeit und Flexibilität des Muskelgewebes. Außerdem sorgt es für Wachstum von Knochen und Knorpel. Für den gezielten Muskelaufbau ist es daher nie zu spät.
Kurz und knapp:
- Woran lässt sich frühzeitig erkennen, dass Rückenprobleme drohen?
Das zeigt oft schon ein Blick in den Spiegel. Wenn sich ein Rundrücken abzeichnet und die Schultern nach vorne hängen, ist die Muskulatur offenbar nicht kräftig genug, um den Oberkörper aufrecht zu halten. Ein Hohlkreuz dagegen, bei dem das Becken nach vorne kippt, spricht für schwache Bauch- und Gesäßmuskeln. Diese Muskelschwächen sind häufig Ursache von Rückenschmerzen. - Bei Kreuzbeschwerden wird oft der Besuch einer Rückenschule empfohlen. Eine gute Idee?
Das lässt sich nicht allgemeinverbindlich beantworten. In den klassischen Kursen wurden oft sehr wenige und vor allem einseitige Bewegungsmuster trainiert. Etwa in die Knie zu gehen, um etwas vom Boden aufzuheben. Körpergerechtes Bücken ist aber eine Mischbewegung, die auch die Rumpfmuskulatur fordert. Moderne Rückenschulen haben hier dazugelernt und das Programm entsprechend ausgebaut. Sie setzen außerdem auf bessere Körperwahrnehmung und Stressmanagement. - Kann man den Rücken auch durch richtige Ernährung stärken?
Indirekt ja. Wer in seiner Kost auf Obst und Gemüse setzt, der hält die Figur oder baut sogar Übergewicht ab. Das entlastet die Gelenke. Eine wichtige Rolle in der Ernährung kommt auch Vitamin D zu, das die Knochen stärkt, und dem Mineralstoff Magnesium. Dieser entspannt die Muskulatur – auch diejenige am Rücken.
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(Fotos: iStockphoto.com|juststock, kzenon)